Vision TeKardio 2.0 2017

A.7.2 Juristische Aspekte bei der Entscheidung für den Einsatz von Telemedizin A.7.2.1 Das Verbot der Fernbehandlung Aus § 7 Abs. 4 MBO-Ä ergibt sich das Fernbe- handlungsverbot, wonach eine Behandlung oder Beratung von Patienten verboten ist, wenn der Arzt diese nicht zuvor persönlich gesehen hat. Die oben dargestellten Anwendungsfälle der Telemetrie werden sich jedoch regelmäßig so darstellen, dass die telemetrische Fernüber- wachung der Devices in einen herkömmlichen persönlichen Arzt-Patientenkontakt eingebet- tet ist und daher das Fernbehandlungsverbot nicht verletzen. Denn § 7 Abs. 4 MBO-Ä hebt in der heute maßgeblichen, von den Landesärzte- kammern umgesetzten Fassung hervor (außer in Niedersachsen und Rheinland-Pfalz): Auch bei telemedizinischen Verfahren ist zu gewähr- leisten, dass eine Ärztin oder ein Arzt die Patien- tin oder den Patienten unmittelbar behandelt. Die unmittelbare Behandlung ist in den dem Verfasser bekannten Fällen stets sichergestellt. Die Fernüberwachung der Aggregate und die Auswertung eingehender Daten tritt nicht an die Stelle, sondern neben die Behandlung in der Praxis. Daran ändert sich nichts, wenn im Ein- zelfall die Intervalle für die Untersuchung in der Praxis verlängert werden können. A.7.2.2 Das Unterlassen der telemetrischen Überwachung Es ist somit nicht nur davon auszugehen, dass die Behandlung mit telemetrischen Systemen erlaubt ist, vielmehr kann es einen Pflichtver- stoß des Arztes darstellen, eine solche Behand- lung gerade nicht anzubieten bzw. durchzu- führen. Grundsätzlich besteht für den Arzt eine Therapie- und Methodenfreiheit, jedoch sind seine Erwägungen immer im Lichte des Patien- tenwohls zu führen. Bei der Abwägung des Arztes zwischen analoger und telemedizinischer Überwachung ist nach dem Wohl des Patienten zu entscheiden. Diese Entscheidung wird immer eine einzelfallbezo- gene sein, je nach Patient muss der Arzt alle vor- handenen Behandlungsmöglichkeiten gegenei- nander abwägen und individuell entscheiden, ob eine persönliche Kontrolle in der Praxis oder eine hiermit stets zu verbindende Fernüberwa- chung sinnvoller erscheint. Im Einzelfall kann eine Verpflichtung des Arztes entstehen, sich für die telemedizinische Behandlungsmetho- de zu entscheiden. Dies gilt etwa dann, wenn der Patient aus der Klinik bereits mit einem entsprechenden Produkt entlassen wurde. Die technischen Möglichkeiten müssen dann auch genutzt werden. Bleiben sie ungenutzt und kommt es deshalb nachweislich zu einem Scha- den, begründet dies zivilrechtliche Haftung und ggf. auch strafrechtliche Verantwortlichkeit. Die Pflicht zur telemetrischen Überwachung kann sich auch aus der Gewährung des Facharztzustands ergeben. Nach höchstrich- terlicher Rechtsprechung ist ein neues Verfah- ren dann als Standard vorauszusetzen, wenn es 49

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