Vision TeKardio 2.0 2017

38 A.5.2 Weiterer Forschungsbedarf in der telekardiologischen Versorgung Neben den zahlreichen Nachweisen zum Nut- zen der telekardiologischen Versorgung von Implantatpatienten – insbesondere zum Über- lebensvorteil für ICD- und CRT-Patienten – er- kennen andere Veröffentlichungen, nach wie vor keinen wesentlichen Vorteil im Einsatz von Telemonitoringsystemen 49 . Da Studien zum Telemonitoring ein sehr brei- tes Themenspektrum beleuchten, sind sie häufig nur begrenzt miteinander vergleichbar (Augustin und Henschke 2012). So variieren bei- spielsweise die Profile der Patienten hinsicht- lich des Schweregrads ihrer Erkrankung und der Komorbiditäten. Regionale Unterschiede, wie die Entfernung zwischen Haus- und Facharzt werden in den Analysen kaum betrachtet. Auch die Häufigkeit der Datenübertragungen so- wie die Reaktionszeiten und Parameter, die zu analysieren sind, werden äußerst unterschied- lich in den verschiedenen Studienprotokollen gehandhabt. Hieran anknüpfend zeigt sich somit auch die Schwierigkeit, allgemeingülti- ge und zweckmäßige Arbeitsabläufe (Stan- dard Operational Procedures, kurz SOP) für die Bearbeitung von Alarmen zu beschreiben und Workflows – ähnlich wie das IN-TIME-Studien­ protokoll – zu definieren und in praktische Arbeitsabläufe zu übersetzen. Damit dies gelingt werden Studien benötigt, die die reale Versorgungssituation widerspie- geln – hier finden Methoden der Versorgungs- forschung Anwendung. Diese reflektieren eher 49 z.B. Boriani et al. 2014 50 Pfaff et al. 2011, S. 2496 51 Rieder und Lohff 2008 den Ist-Zustand in der Versorgung und sind nicht an die strengen Ein- und Ausschlusskrite- rien üblicher randomisierter klinischer Studien gebunden. Die Erkenntnisse bilden den Nutzen und das Risiko der angewendeten Behandlun- gen und Versorgungsstrukturen besonders pra- xisnah und auch verlässlich ab 50 . Wichtige Fragen, die noch nicht ausreichend untersucht wurden, betreffen zum einen die relevanten Faktoren, die den Nutzen des Tele- monitorings beeinflussen. Dies beinhaltet Ei- genschaften der Patienten, wie den Schwere- grad der Erkrankung, das Alter, aber auch das Geschlecht. So ist vorstellbar, dass Unterschie- de zwischen Männern und Frauen die Nutzung und den Nutzen von Telemonitoring beeinflus- sen könnten. Frauen haben im Gegensatz zu Männern eher eine holistische Sicht auf ihre Gesundheit, die auchpsychologische und soziale Aspekte,wieStressreduktionunddassozialeUm- feld, einbezieht. Darüber hinaus sind Männer, insbesondere mit Blick auf die Gewohnheiten, wie Alkoholkonsum und Rauchen, weniger gesundheitsbewusst als die Frauen 51 . Diese Gewohnheiten können wiederum das Fortschreiten einer Erkrankung begünstigen. Folglich könnte untersucht werden, welchen Einfluss die Patientencharakteristika auf den Erfolg des Telemonitoring haben. Dies wirkt sich wiederum auf weitere Forschungsfragen aus. So könnte untersucht werden welche Wirkung die individuelle Patientenaufklärung im Rahmen eines telemedizinisch begleiteten Patienten-Empowerments einnehmen könnte. Ein besseres Verständnis für die Erkrankung und die möglichen Therapieoptionen könnte die Adhärenz und somit die Prognose der Pati- enten möglicherweise verbessern. Zudem wird

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